Grundbedürfnisse erkennen: Warum du nicht vor Jobverlust Angst hast – sondern vor dem Verlust deiner Sicherheit oder Anerkennung
- Timo Call
- vor 12 Minuten
- 3 Min. Lesezeit
Wovor hast du wirklich Angst?
Du bist erschöpft von langen Arbeitstagen, ständigem Druck, ständiger Erreichbarkeit – und trotzdem hält dich irgendetwas genau in dieser Situation.
Viele glauben, sie haben Angst, ihren Job zu verlieren. Doch in Wahrheit steckt oft etwas anderes dahinter:
die Angst, die eigene Sicherheit aufzugeben,
die Angst, nicht mehr anerkannt oder gesehen zu werden,
die Angst, die Zugehörigkeit zu einem Team, einem Umfeld, einer Identität zu verlieren.
Das Eingeständnis dahinter fällt schwer. Es ist einfacher, äußere Umstände verantwortlich zu machen: das Unternehmen, den Job, die Branche, „die anderen“. Aber oft sind es unsere eigenen Bedürfnisse, die uns an Situationen festhalten, die uns nicht guttun.

Wenn du mit deiner Work-Life-Balance unzufrieden bist, frag dich: Was würdest du im schlimmsten Fall wirklich verlieren – deinen Job oder das, was er dir gibt?
Warum es so schwer ist, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen
Es fühlt sich oft bequemer an, die Verantwortung nach außen abzugeben: „Mein Job verlangt das“, „Mein Chef erwartet das“, „In meiner Branche geht das nicht anders.“
Doch hier liegt der entscheidende Perspektivwechsel:
Du entscheidest jeden Tag freiwillig, so hart das klingt.
Du entscheidest, ob du E-Mails noch spätabends beantwortest.
Du entscheidest, ob du am Wochenende erreichbar bist.
Du entscheidest, ob du das nächste Projekt annimmst – oder nicht.
Und ja, diese Entscheidungen fühlen sich oft nicht freiwillig an. Aber hinter jedem „Ja“ steckt meist der Wunsch, ein Grundbedürfnis zu befriedigen: Sicherheit, Anerkennung, Zugehörigkeit oder Wachstum.
Im Kern geht es nicht um die Arbeit selbst. Es geht darum, was die Arbeit für dich bedeutet.
Welche dieser Situationen kennst du? Du bist am Wochenende erreichbar, weil du Angst hast, sonst „nicht wichtig“ genug zu wirken. Du übernimmst das zusätzliche Projekt, weil du spürst: „Hier kann ich mich beweisen.“ Du bleibst im Job, obwohl er dich auslaugt, weil das feste Gehalt dir Ruhe gibt.
Die sechs emotionalen Grundbedürfnisse, die dein Verhalten steuern
Unsere Entscheidungen – beruflich wie privat – sind eng mit unseren emotionalen Grundbedürfnissen verbunden. Solange wir diese Treiber nicht erkennen, leben wir oft im Autopilot.
Diese sechs Bedürfnisse prägen unser Verhalten besonders stark:
Sicherheit – Stabilität, Planbarkeit, Schutz
Freiheit & Abwechslung – Neues erleben, flexibel sein
Wachstum & Erfolg – Weiterentwicklung, Leistung, Anerkennung
Bedeutsamkeit – Wichtigkeit, Status, gesehen werden
Verbundenheit – Zugehörigkeit, Beziehungen, Vertrauen
Mitwirken – Sinn, Einfluss, Teil von etwas Größerem sein
Je nachdem, welches Bedürfnis bei dir am stärksten ausgeprägt ist, triffst du andere Entscheidungen – oft ohne es bewusst wahrzunehmen.
Wie deine Grundbedürfnisse deine Entscheidungen unbewusst beeinflussen
Lass uns dazu drei Beispiele anschauen:
Sicherheit: Du bleibst im Job, obwohl du längst merkst, dass er dich auslaugt, weil das regelmäßige Gehalt und die Planbarkeit dir das Gefühl geben, „geschützt“ zu sein oder deinen Lebensunterhalt finanzieren zu können.
Frage: Wo hältst du heute an Dingen fest, nur um dein Sicherheitsgefühl zu bewahren?
Bedeutsamkeit: Dein Titel, dein Status oder dein Ansehen halten dich in Positionen, die dich unglücklich machen oder davon ab mehr für dich oder mit Freunden zu machen – einfach, weil du das Gefühl brauchst, wichtig zu sein.
Frage: Brauchst du wirklich den Titel, oder das Gefühl, gesehen zu werden?
Wachstum & Erfolg: Du nimmst immer neue Projekte an und sagst nie „Nein“, weil du glaubst, dich ständig beweisen zu müssen.
Frage: Könntest du Erfolg auch neu definieren, ohne dich dafür zu überlasten?
Energiebalance statt Work-Life-Balance: Ein neuer Ansatz
Genau hier setzt der Ansatz der Energiebalance an. Denn klassische „Work-Life-Balance“ denkt in Gegensätzen: Arbeit vs. Freizeit. Aber das ist zu kurz gedacht.
Energiebalance bedeutet: deine Energie bewusst zu steuern, indem du deine inneren Treiber kennst und deine Prioritäten danach ausrichtest. Es geht nicht darum, weniger zu leisten oder weniger zu arbeiten, sondern deine Ressourcen so einzusetzen, dass du langfristig in deiner Kraft bleibst.
In meinem Guide zur Energiebalance spreche ich genau darüber:
Der Schlüssel liegt in Bewusstsein und Eigenverantwortung
Der vielleicht schwerste Schritt ist, sich einzugestehen:
Es ist nicht dein Job, der dich überlastet. Es sind deine Entscheidungen.
Denn das bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – für deine Energie, deine Grenzen, deine Balance.
Das klingt zunächst unbequem. Aber es ist auch unglaublich befreiend. Denn sobald du erkennst, dass du jeden Tag aktiv entscheidest, kannst du anfangen, neue Prioritäten zu setzen:
Du bestimmst, wann du erreichbar bist.
Du bestimmst, welche Projekte du übernimmst.
Du bestimmst, welche Rolle Arbeit in deinem Leben spielt.
Mini-Übung: Finde deine unbewussten Treiber
Nimm dir zwei Minuten Zeit und beantworte diese Fragen:
Welches meiner sechs Grundbedürfnisse ist aktuell am stärksten?
Welche Entscheidung treffe ich gerade nur, um dieses Bedürfnis zu befriedigen?
Was könnte ich heute tun, um dieses Bedürfnis anders zu erfüllen – ohne mich dabei zu überlasten?
Fazit: Mehr Klarheit, mehr Energie, mehr Balance
Es ist nicht dein Job, der dich überlastet. Es sind die Entscheidungen, die du triffst, um deine Bedürfnisse zu erfüllen.
Sobald du diese Treiber erkennst, kannst du aufhören, im Autopilot zu leben – und anfangen, bewusst zu gestalten:
Deine Prioritäten
Deine Energie
Deine Balance
Denn am Ende geht es nicht darum, weniger zu arbeiten. Es geht darum, mit mehr Klarheit zu leben und seine Entscheidungen bewusst zu treffen.
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